Die Sachlagen – Auslöser, Hintergründe, Argumentationen, Urteile, Befindlichkeiten – rund um das zum sicherheitspolitischen Präzedenzfall gewordenen diessaisonalen Nord-Derby in der 2. Bundesliga am 22. April zwischen FC St. Pauli und FC Hansa Rostock sind in so gut wie aller Munde und als bekannt vorauszusetzen (Ostfussball.com berichtete mehrfach).
Ausnahmezustand am Millerntor: Die Polizei hat großflächig den Bereich rund um das Stadion für Sonntag zum Gefahrengebiet deklariert (…) Im Gefahrengebiet, in dem auch der Frühjahrs-Dom liegt, kann die Polizei zwischen neun und 20 Uhr verdachtsunabhängige Personen- und Taschenkontrollen durchführen und Platzverweise oder Aufenthaltsverbote aussprechen. Öl ins Feuer gegossen hatte die Polizei, als sie dem FC St. Pauli verbot, ein Kontingent von 2.500 Karten zum Verkauf an Hansa Rostock abzugeben. Deshalb wollen 2.000 Hansa-Fans am Sonntagmorgen vom Bahnhof Altona zum Millerntor ziehen – was die Polizei verboten hat. Das Verwaltungsgericht hat das Verbot bestätigt. Angesichts der Gefahren bei Gewalt für “Leib, Leben und Gesundheit” sei der “schwere Eingriff in das Versammlungsrecht” zu rechtfertigen (taz.de).
Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg, lediglich eine Standveranstaltung der Rostocker Anhänger zu genehmigen, hatten Vertreter der Fanszene Rostock am 20. April beim zuständigen Oberverwaltungsgericht Beschwerde gegen das Verbot ihrer angemeldeten Demonstration eingelegt. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat in den Abendstunden des Freitags dann der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Demonstration auf einer abgeänderten Route ermöglicht (Aktenzeichen 4 Bs 91/12).
Die Suptras Rostock verbreiten mittlerweile über ihre Internetpräsenz aktuell folgende Botschaft –
Demonstration vom Oberverwaltungsgericht genehmigt
Um 23.15 Uhr haben wir das Urteil aus Hamburg per Fax erhalten.
In dem Urteil ist eine Änderung der Streckenführung mitgeteilt worden:Die Demonstration startet wie geplant auf dem Paul-Nevermann-Platz in Hamburg Altona. Treff ist wie auf den Flyern dargestellt um 11.00 Uhr.
Die Demonstration beginnt auf dem Paul-Nevermann-Platz über Max-Brauer-Allee über Ehrenbergstraße über Mörkenstraße über Königstraße über Pepermölenbek über Breite Straße über Palmaille über Max-Brauer-Allee zum Paul-Nevermann-Platz.
Das erste Tor ging somit an die Fußballfans. Lasst uns nun alle gemeinsam dafür sorgen, dass auch das zweite Tor für uns fällt und der friedliche Protest gegen die polizeiliche Hysterie und pauschale Kriminalisierung von Fußballfans ein voller Erfolgt wird.
Wer nach diesem Urteil jetzt nicht nach Hamburg fährt, dem ist einfach nicht mehr zu helfen.
Keiner bleibt zu Hause! ALLE nach Hamburg!!!
Unterdessen wird der FC St. Pauli nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Hamburg offenbar weiter rechtlich gegen die polizeiliche Aussperrungsverfügung der Hansa-Fans vorgehen, nach dem zwischenzeitlich auf ein Eilverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht verzichtet worden war. Verschiedenen Medienberichten zufolge werde der FC St. Pauli den Rechtsweg gegen die Aussperrung nun im Hauptverfahren weiter verfolgen. Anliegen sei es, “mit der Klage grundsätzlich zu klären, ob die Polizei mit Kartenverkaufsverboten in das Ligageschäft eingreifen darf”, wird St.-Pauli-Sprecher Christian Bönig zitiert.
[om]